Prolog – Der Schatten der Nacht
Tiefste Dunkelheit lag über dem Wald der Ewigkeit – der Wald der Nacht und des ewigen Mondscheins. Er war anders: ein uralter Fluch lag über ihm, ewig sollten die Schatten der Nacht herrschen und die Herzen der Tiere und Pflanzen verdunkeln. Die Bäume waren an den Schein des Mondes angewiesen, die Tiere hatten sich über Jahrhunderte an die ewige Dunkelheit angepasst, doch ohne den Mondschein würde der Wald ausgelöscht werden...
Alle Geräusche waren verschluckt worden von den dunklen Schatten der Vollmondnacht. Kein Licht drang mehr durch das dichte Blätterdach, man sah nur vereinzelt leuchtende Augen an den mächtigen Stämmen der uralten Bäume vorbeiziehen.
Als der erste Clan, das Nachtrudel, am heiligen Treffpunkt der zwei wilden Wolfsrudel eintraf, wehte ein kalter Windhauch in das Tal der Versammlung und die Dämonenwölfe sahen sich verwundert um. Alles war seltsam still für eine Vollmondnacht, denn eigentlich sollte in dieser Nacht, so wie jeden Vollmond, wildes Geheul die Luft erfüllen, zu Ehren der Ahnen.
Der Anführer Rodney sprang auf den Baumstumpf der Urahnen und wartete auf das Kommen der anderen Wolfsmeute.
Nach einer scheinbar unendlich langen Weile traf das zweite Rudel am Versammlungsort ein.
Sydney, der Anführer des Mondrudels, hetzte zum Baumstumpf und sprang schnell auf ihn. Er blickte mit seinen stechenden, grünen Augen zu Rodney.
„Der Mond wird bald verschwinden!“, sagte er mit zitternder Stimme. „Ich hatte gestern Nacht eine Vision von den Urahnen! “
Rodney starrte Sydney wortlos an.
„Sie sagten, dass eine unbeschreibliche Macht den Mond vom Himmel verschwinden lässt, um ewige die Dunkelheit der Nacht zu nutzen und uns und den Wald zu vernichten! Seit die ersten Dämonenwölfe den Wald auf dieser Insel besiedelten, gab es zwei mächtige Wolfsstämme, die auf den Schein des Mondes angewiesen waren, doch wenn der Mond verschwunden ist, wird es bald keinen Wald mehr geben!“ Die Worte sprudelten nur so aus Sydney heraus.
Verwirrtes Gemurmel brach unter den Wölfen aus. Rodney senkte den Blick einige Momente um alles zu überdenken.
Nach einigen Minuten sah er Sydney mit festem Blick an.
„Wir müssen es verhindern. Wir müssen das Mondlicht beschützen. Doch es gibt nur einen, der uns helfen kann: der dunkle Dämonenherrscher. Er soll, laut der Sage, den Mond beherrschen und das Gleichgewicht aller Wolfsrudel wiederherstellen können. Seine Macht soll so groß sein, dass er alles Leben im Düsterwald kontrollieren kann, wenn er gerufen wird. Doch ihn hierher zu holen wird eine schwere Aufgabe werden, denn keiner weiß, wo man ihn finden kann...“
Rodney senkte seinen Blick. „Wie viel Zeit haben wir, Sydney? Was haben die Urahnen dir gesagt?“ Sydney schien sich nur ungenau an die Worte der Vision zu erinnern. „Sie sagten, dass schon sehr bald ein großes Unheil den Wald der Ewigkeit bald für immer zerstören wird. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube das sie etwas von einem bösem Blutpakt gemurmelt haben.“
Die zwei Anführer beredeten noch weiter die schwierige Lage. Doch sie waren nicht allein beim Versammlungsort...
Durch die Schatten des Waldes huschten leuchtende Augen, Nebel zog auf und dunkle Wolken verdeckten den hell scheinenden Vollmond.
Ein durch Mark und Bein gehender Schrei durchbohrte die endlose Stille am dunklen Waldrand. Lautlose Bosheiten schwebten wie aus dem Nichts gekommen über das schwarze Wasser des stillen Meeres und zogen langsam auf die Insel ohne Zeit zu.
Sie waren bereit.
© by Worgenfell